Sowiport.de

Von der altbekannten GESIS (Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen e.V.), die jetzt als Leibniz Institut für Sozialwissenschaften firmiert, wurde im Mai zum Grundgesetzjubiläum eine Zusammenstellung von Forschungsprojekten und Literaturtiteln aus dem Bestand der Sowiport-Datenbanken angeboten. Erst dadurch bin ich auf das Sowiport-Angebot aufmerksam geworden. Auf den ersten Blick ist das Angebot verwirrend, weil es verschiedene Datenbanken zusammenfasst und nicht direkt zu Ergebnissen führt. Man muss anscheinend erst zu den einzelnen Datenbanken gehen, die auch eine Anmeldung verlangen. Damit muss ich zunächst einmal meine Erfahrungen machen. Immerhin ergibt eine einfache Suche mit dem Schlagwort »Rechtssoziologie« 1414 Treffer. Deshalb nehme ich Sowiport.de erst einmal in meine Linkliste auf.
Nachtrag vom 14. April 2010:
Inzwischen finde ich Sowiport, insbesondere die Suchfunktion in der GESIS-Datenbank, ganz nützlich. In der Regel bekommt man zwar nur eine Auflistung von Titeln und den Hinweis, man habe kostenpflichtige Informationen angefordert. Aber wenn man dann nach dem Titel gugelt, wird man in der Regel fündig.
Nützlich finde ich auch die Zeitschriftenliste mit 274 sozialwissenschaftlichen Fachzeitschriften. Dabei ist jeweils angegeben, wie weit die Zeitschriften im Netz frei zugänglich sind.

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Neue Wissenssoziologie

Die neue konstruktivistische Wissenssoziologie (nWS) der Konstanzer Schule erhebt inzwischen den Anspruch einer soziologischen Universaltheorie. Der Ansatz ist einfach: Gesellschaft spielt sich als Wissen in den Köpfen der Menschen ab. Alle Soziologie ist Wissenssoziologie. Nicht zufällig trägt Luhmanns Buch »Gesellschaftsstruktur und Semantik« (1995) den Untertitel »Studien zu einer Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft.« Dieses Wissen ist nicht Information, die unabhängig von konkreten Menschen vorhanden ist und auf diese einwirkt, sondern es wird als lebendiges Wissen in sozialen Handlungsvollzügen jeweils neu konstruiert. Die nWS wendet sich deshalb gegen die Trennung von Wissen und Sozialem und will beides »wie zwei Seiten derselben Medaille« [1]Hubert Knoblauch, Wissenssoziologie, 2005, S. 136. integrieren. Das ist und bleibt eine schöne Illusion.
Zu dem Wissen in den Köpfen der Menschen gibt es keinen direkten Zugang. Es lässt sich immer nur aus Äußerlichkeiten, Handlungen oder Zeichen erschließen. Als Methode dient die »Rekonstruktion«. Sie ist verwandt, ja mehr oder weniger identisch mit den verstehenden Methoden der Geisteswissenschaften. Rekonstruiert werden soll, wie ganz konkret die soziale Handlung zustande kommt. Alles, was auf den Handelnden einwirkt, soll noch im Moment der Unentschiedenheit festgehalten werden. Dagegen wäre prinzipiell nichts einzuwenden; im Gegenteil, spätestens seit Max Weber ist klar, dass Soziologie darauf angewiesen ist, den Sinn sozialen Handelns verstehend zu erschließen. Problematisch ist jedoch die Betonung der Kontingenz und damit die Vernachlässigung, ja Verdrängung der fait sociaux, der verfestigten sozialen Strukturen, in den die Menschen fremdem Wissen begegnen, und als Folge der Verzicht auf eine quantitativ orientierte Empirie. Methode der Wahl ist eine mikrosoziologische Ethnomethodologie.
Die fait sociaux, verdinglichte Sozialstrukturen, sind nicht aus Stein und Beton, man kann sie nicht sehen und anfassen, sondern nur als Zeichen wahrnehmen, aber sie sind deshalb nicht weniger massiv. Werte, Moralen oder Rechtsordnungen sind natürlich keine Naturgewalten, sondern wirken nur, weil sie als relevant wahrgenommen werden. Aber sie lassen sich nicht ohne Kosten ignorieren oder weginterpretieren. Die Grundfrage der konstruktivistischen Wissenssoziologie lautet nach Berger und Luckmann [2]Peter L. Berger/Thomas Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, 1977, S. 20. : »Wie ist es möglich, dass subjektiv gemeinter Sinn zu objektiver Faktizität wird?« Aber von dieser Frage hat sich die nWS verabschiedet. »Objektive Faktizität« scheint es gar nicht mehr zu geben. Alles wird verflüssigt und resubjektiviert. Die Aufmerksamkeit gilt nicht irgendwelchen Strukturen, sondern dem kontinuierlichen Prozess, in dem sich die Gesellschaft selbst immer wieder erneuert. Handlungen, Kommunikationen, die laufende Aneignung, Reformulierung und Veränderung von Wissensbeständen, kurz, das Fließen und nicht der Fluss ist das Thema.
Wissensbestände sind immer von Menschen geschaffen. Sie gewinnen jedoch ihre eigene, objektive Existenz. Sie werden in Verbreitungsmedien gespeichert und können noch nach Jahrtausenden wiedergewonnen werden. Auch die Menschen sind während ihrer Lebzeit für andere Speicher- und Verbreitungsmedium. Menschen sind allerdings keine programmierten Roboter. Aber ihre Individualität sieht man nur, wenn man sehr nahe herangeht. Aus der Distanz benehmen sie sich eher wie eine Herde. Jeder Mensch ist als Individuum etwas Besonderes. Soziologisch ist der Zusammenhang zwischen Denken und Handeln aber nur interessant, soweit die Menschen als Mitglieder von Gruppen und Institutionen handeln.
Man kann die nWS als eine Anstrengung würdigen, das Soziale in seiner Dynamik zu erfassen. Es ist ja richtig: »Das Soziale« ist ein Prozess; es ist ständig in Bewegung. Normen, Werte und selbst Kognitionen werden immer nur in konkreten Handlungssituationen relevant, und jede noch so unbedeutende Handlung trägt, wie minimal auch immer, zu ihrer Vermittlung, Bestätigung oder Veränderung bei. Aber wenn man das Wasser im Fluss genau ansehen will, dann muss man es anhalten und dann fließt es nicht mehr. Oder man muss den Fluss aus der Distanz betrachten.
Soeffner und Cremers zeigen anschaulich am Beispiel von Gerichtsverhandlungen, wie man mit den wissenssoziologischen Instrumenten arbeitet. [3]Hans-Georg Soeffner/Ehrhardt Cremers, Interaktionstyp »Recht-Sprechen«. Kurseinheit 1 und 2, Fernuniversität Hagen, 1988. Die Interaktion bei Gericht läuft anders ab als im Alltag, weil hier die auf Gerichtsseite Beteiligten in bestimmten Rollen handeln, die durch Rechtsregeln und professionelle Standards geprägt sind. Die Professionellen sind persönlich nicht betroffen, und das Verfahren ist für sie Routine, so dass sie relativ distanziert und ohne große Gefühlsbeteiligung agieren können. Für Angeklagte, Parteien und auch für viele Zeugen handelt es sich dagegen um eine außerordentliche Situation, in der für sie meist viel auf dem Spiel steht. In der Rechtssoziologie spricht man deshalb von einer verzerrten Kommunikation und manchmal sogar von Zwangskommunikation. Soeffner und Cremers warnen jedoch vor »zwangskommunikativen Determinisnus«, denn die Beobachtung und Analyse von Gerichtsverfahren zeige immer wieder die »relative Offenheit« der Situation selbst vor Gericht. In der Tat, das Gerichtsverfahren ist kein Automatismus, die Beteiligten sind keineswegs sprachlos, der Ablauf ist oft höchst lebendig, und das Ergebnis des einzelnen Verfahrens nur schwer vorhersehbar. Aber diese Offenheit zeigt sich nur aus der Nähe. Aus der Distanz betrachtet sind Verlauf und Ergebnis weitgehend fixiert. Die mikrosoziologische Annäherung ist fraglos spannend und relevant. Aber Soziologie darf nicht beim Einzelfall stehen bleiben.
Wenn es sich nur um eine Rezeption und Praktizierung der von Mead, Berger und Luckmann begründeten Mikrosoziologie handelte, wäre gegen die nWS nichts einzuwenden. Im Gegenteil, sie wäre eine wertvolle Bereicherung im Strauß der soziologischen Methoden. Tatsächlich tritt die nWS aber, ähnlich wie die Kulturwissenschaften, mit einem imperialen Anspruch auf, der sich nicht einlösen lässt.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Hubert Knoblauch, Wissenssoziologie, 2005, S. 136.
2 Peter L. Berger/Thomas Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, 1977, S. 20.
3 Hans-Georg Soeffner/Ehrhardt Cremers, Interaktionstyp »Recht-Sprechen«. Kurseinheit 1 und 2, Fernuniversität Hagen, 1988.

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Handgun Laws

Die aktuelle Diskussion um die Verschärfung des Waffenrechts mag es rechtfertigen, auf eine bereits zehn Jahre alte Untersuchung aus den USA hinzuweisen, die sich dadurch auszeichnet, dass sie auf der Hitliste des Social Science Research Network steht. Das Abstract wurde bisher 140.481 Mal aufgerufen, das ganze Manuskript 46.348 Mal heruntergeladen. Auch wenn vermutlich viele der Interessenten nicht aus dem Wissenschaftssystem, sondern aus der Waffenlobby kommen, so bleiben die Zahlen doch beeindruckend.
Es handelt sich also um John R. Lott und William M Landes, Multiple Victim Public Shootings, Bombings, and Right-to-Carry Concealed Handgun Laws: Contrasting Private and Public Law Enforcement(April 1999). University of Chicago Law School, John M. Olin Law & Economics Working Paper No. 73. Verfügbar bei SSRN: http://ssrn.com/abstract=161637 or DOI: 10.2139/ssrn.161637.
Hier das Abstract: Few events obtain the same instant worldwide news coverage as multiple victim public shootings. These crimes allow us to study the alternative methods used to kill a large number of people (e.g., shootings versus bombings), marginal deterrence and the severity of the crime, substitutability of penalties, private versus public methods of deterrence and incapacitation, and whether attacks produce copycats. Yet, economists have not studied this phenomenon. Our results are surprising and dramatic. While arrest or conviction rates and the death penalty reduce normal murder rates, our results find that the only policy factor to influence multiple victim public shootings is the passage of concealed handgun laws. We explain why public shootings are more sensitive than other violent crimes to concealed handguns, why the laws reduce both the number of shootings as well as their severity, and why other penalties like executions have differential deterrent effects depending upon the type of murder.

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Kreissl zur soziologischen Zeitdiagnose

Hier einmal wieder ein Kollateralfund. Auf der Rechtssoziologietagung in Luzern gab es am 6. 9. 2008 eine Veranstaltung unter der Überschrift »Citizen by Proxy – Entwicklungstendenzen der rechtlichen Stellvertretung«. Die war mir entgangen, weil ich vorzeitig hatte abreisen müssen. Worum es geht, beschreibt der Organisator der Veranstaltung, Reinhard Kreissl, im Tagungsprogramm:

Der rechtliche Stellvertreter ist eine klassische Figur des modernen Rechtsstaats. Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare erfüllen traditionell die Aufgabe, in komplexeren Transaktionen die Interessen ihrer Klienten wahrzunehmen. Neben diesen Experten entstehen zusehends neue Rollen, in denen die Wahrnehmung individueller Rechte und die Erledigung von Rechtsgeschäften i.w.S. an Stellvertreter delegiert werden. Typische Beispiele sind hier etwa Kinderanwälte in Familienrechtsverfahren, Patientenanwälte, Heimbewohnervertreter oder Sachwalter, deren Aufgabe es ist, in lebensweltlichen Kontexten die Rechte ihrer Klientel wahrzunehmen. Neu ist hier, dass zum einen Bereiche, die bisher dem unmittelbaren rechtlichen Zugriff entzogen waren, wie etwa die Familie, jetzt als rechtlich strukturierte Handlungszusammenhänge begriffen werden, in denen die Akteure rechtlich definierte und durchsetzbare Ansprüche haben; zum anderen, dass Individuen, bei denen aufgrund ihrer körperlich-geistigen Verfassung die Kompetenz zur Wahrnehmung ihrer Rechte infrage gestellt wird, ein gesetzlich definierter Rechtsvertreter zugeordnet wird. Diese Entwicklung lässt sich in unterschiedlicher Hinsicht analysieren …

Nun wollte ich der Sache nachgehen, weil das Thema rechtssoziologisch wie rechtstheoretisch interessant ist. Dazu habe ich natürlich die Webseite des Organisators gesucht und bin so auf die Seite des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien gestoßen. Dort wird auch eine lange Liste von Manuskripten zum Download angeboten, darunter auch solche, die die neuartige Form der Betreuung behandeln. Die jüngste: Kinderbeistand. Endbericht der Begleitforschung zum Modellprojekt von Brita Krucsay, Christa Pelikan und Arno Pilgram, 2008. Hängengeblieben bin ich jedoch beim Durchblättern der Liste bei dem Manuskript »Soziologische Zeitdiagnose. Vorlesungsnotizen SoSe 2008« von Reinhart Kreissl. Es handelt sich wirklich nur um formlose Notizen. Aber sie sind voller Inhalt, und der Verfasser hält mit seinem Urteil nicht zurück. Ich habe die »Notizen« mit Vergnügen und Gewinn gelesen.

Nachtrag vom 16. Juni 2009 hier.

Nachtrag vom 12. November 2009: Die soziologische Zeitdiagnose arbeitet bekanntlich u. a. mit den Schlüsselbegriffen Erlebnisgesellschaft, Risikogesellschaft, Informationsgesellschaft und Weltgesellschaft. Zu diesen Begriffen habe ich, wieder aus Österreich, ein etwas älteres, aber zum Einstieg immer noch brauchbares Manuskript gefunden: Mörth, Ingo/ Baum Doris (Hg.): Gesellschaft und Lebensführung an der Schwelle zum neuen Jahrtausend. Gegenwart und Zukunft der Erlebnis-, Risiko-, Informations- und Weltgesellschaft. Gesellschaft und Lebensführung an der Schwelle zum neuen Jahrtausend. Gegenwart und Zukunft der Erlebnis-, Risiko-, Informations- und Weltgesellschaft. Referate und Arbeitsergebnisse aus dem Seminar »Soziologische Theorie« WS 1999/2000. Online verfügbar unter http://soziologie.soz.uni-linz.ac.at/sozthe/staff/moerthpub/STSGesellschaft.pdf.

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Begleitseite zur »Allgemeinen Rechtslehre« ist online

Als ich dieses Weblog einrichtete, war es auch als Internet-Begleitseite für das Lehrbuch »Allgemeine Rechtslehre« gedacht. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass ein Weblog, das wie dieses mit der Software von WordPress läuft, für den gedachten Zweck nicht geeignet ist, weil es, von der Zuordnung der Beiträge mit Kategorien abgesehen, keine Möglichkeit der systematischen Ordnung bietet. Nach einigem Experimentieren mit verschiedenen Content-Management-Systemen haben wir uns nun für Drupal entschieden, weil für dieses System ein brauchbares Modul bereitgehalten wird, mit dessen Hilfe die Gliederung des Buches als Klappmenu eingegeben werden kann. Auf diese Weise wird die Gliederung zum Wissensmanagementsystem, in dem alle für mitteilenswert gehaltenen Informationen untergebracht werden können. Nun ist die Begleitseite unter der Adresse http://allgemeine-rechtslehre.de/ zu erreichen. Wir, die Autoren, hoffen, dass sie Anklang findet.

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Transnationalisierung der deutschen Rechtswissenschaft

Globalisierung und in ihrer Folge die Transnationalisierung des Rechts sind Thema der Allgemeinen Rechtslehre und ebenso der Rechtssoziologie. Bemerkenswert sind deshalb zwei Internetquellen, in denen sich die Transnationalisierung der deutschen Rechtswissenschaft zeigt.
1. German Law Journal. Review of Developments of German, European & International Law (GLJ). Dieses E-Journal existiert seit 2001 und hat sich seither nicht nur zu einem Vermittler deutschen Rechts für die englischsprachige Welt, sondern auch zu einem wichtigen Forum für die Rechtstheorie im weiteren Sinne entwickelt. In NJW-aktuell 17/2009 S. XVI f. wird es von den Herausgebern, Prof. Dr. Peer Zumbansen, LL.M., Toronto, und Prof. Russell A. Miller, LL.M., Lexington, VA, vorgestellt. Zumbansen wurde bekanntlich auf der Jahrestagung der Vereinigung für Rechtssoziologie in Luzern 2008 der Hoffmann-Riem-Preis verliehen. So ist die Interdisziplinarität des GLJ kein Zufall. Sie zeigt sich zuletzt im Aprilheft, einem Themenheft »The Law of the Network Society. A Tribute to Karl-Heinz Ladeur«.
2. Rechercheplattform zum transnationalen Recht
Seit April 2009 unterhält das Center for Transnational Law (CENTRAL) an der Universität zu Köln diese Rechercheplattform zum transnationalen Recht. Spiritus rector ist Professor Dr. Klaus Peter Berger, LL.M., der an der Universität Köln auch als Direktor des Instituts für Bankrecht fungiert.
Die Plattform besteht aus vier Bereichen.
Principles: Eine Zusammenstellung von über 120 Prinzipien des transnationalen Wirtschaftsrechts, der »Neuen Lex Mercatoria«. Neben dem Text des jeweiligen Prinzips (z.B. »Force majeure«, »hardship«, »venire contra fact Continue reading

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Spieltheorie als Video-Vorlesung

Im Blog Recht anschaulich habe ich heute über das Angebot an Video-Vorlesungen amerikanischer Eliteuniversitäten berichtet, das kostenfrei im Internet zur Verfügung steht. Zwar ist das Recht darunter nur dürftig vertreten. Aber es gibt interessante Angebote aus einigen Nachbarwissenschaften, vor allem Political Science, aber auch Soziologie. Für rsozblog habe ich eine Vorlesungsreihe von Professor Ben Polak (Yale) über »Game Theory« ausgesucht.

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Die Hydrauliktheorie des Rechts

Im Gespräch mit meinem (längst verstorbenen) Freund Rudolf Beyer, damals Geschäftsführer der auf Hydraulikmotoren spezialisierten G. Düsterloh GmbH in Sprockhövel, hatte ich halb scherzhaft, halb im Ernst eine Hydrauliktheorie des Rechts entworfen. Der Witz der Hydraulik liegt bekanntlich darin, dass man mit sehr kleinen Kräften enorme Lasten steuern und bewegen kann. Rudolf Beyer hatte mir damals einen Sonderdruck über »Schwer entflammbare Druckflüssigkeiten« [1]Aus »Ölhydraulik und Pneumatik, 15, Nr. 4, April 1971. überlassen, den ich gerade beim Aufräumen wieder gefunden habe. Ich zitiere daraus die Anforderungen des Ingenieurs an die in ölhydraulischen Anlagen verwendeten Druckflüssigkeiten:

1. Die Flüssigkeit soll schnell und präzise Energie aufnehmen, sie möglichst verlustfrei über Ecken und Winkel zum Verbraucher transportieren und dort wieder abgeben.
2. Die Flüssigkeit soll dabei möglichst stabil bleiben, nicht altern, während ihrer ganzen Lebenszeit einen weitgehend störungsfreien und wartungsarmen Betrieb der Anlage ermöglichen.
3. Die Druckflüssigkeit soll die Reibung im System vermindern, soll entstandene Wärme abführen, ihre Viskosität möglichst über den ganzen infragekommenden Temperaturbereich beibehalten und darüber hinaus noch Verträglichkeit gegenüber allen anderen Medien, wie Gase, Metalle, Dichtungsmaterialien und auch anderen Flüssigkeiten zeigen.

Wenn man in diesem Zitat »Flüssigkeit« durch »Recht« ersetzt und die anderen Parameter entsprechend anpasst, hat man alles, was man sich für eine »Steuerung durch Recht« wünschen kann. Deshalb ist es angezeigt, noch die Warnung des Ingenieurs hinzuzufügen:

Diese und noch mehr Forderungen stellt der Hydraulikkonstrukteur – oft wie es scheint leichten Herzens – an sein Betriebsmedium, ohne sich darüber klar zu sein, ob solche Wünsche überhaupt realisierbar sind.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Aus »Ölhydraulik und Pneumatik, 15, Nr. 4, April 1971.

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Qualitätsarbeit der Justiz II

Im Anschluss an den Beitrag vom 17. März 2009 zur Qualität richterlicher Entscheidungen ein Nachtrag: Als Beispiel 8 hatte ich einen Bericht des Magazins frontal21 des ZDF vom 24.02.2009 angeführt, nach dem Staatsanwalt und Haftrichter Fluchtgefahr angenommen hatten, weil das Haus des Beschuldigten in der Zwangsversteigerung sei, was tatsächlich nicht zutraf. Da es sich hierbei um einen Umstand handelt, der schnell und eindeutig zu klären ist, muss wohl von einem echten Justizfehler ausgegangen werden. Der Fall stützt leider die Befürchtung, dass der Richtervorbehalt, der gravierende Eingriffe in die Grundrechte überwachen soll, nicht so sorgfältig gehandhabt wird, wie man es erwarten darf. Diese Befürchtung ist vor einigen Jahren durch eine Untersuchung von Otto Backes und Christoph Gusy begründet worden:
Wer kontrolliert die Telefonüberwachung?
Eine empirische Untersuchung zum Richtervorbehalt bei der Telefonüberwachung
Peter Lang Frankfurt, 2003
Hier die Zusammenfassung:

»Polizei und Staatsanwaltschaft dürfen im Ermittlungsverfahren Methoden zur Gewinnung von Informationen über Tat und Täter einsetzen, die massiv in Rechte der Beschuldigten oder der mit ihnen in Verbindung gebrachten Personen eingreifen. Um diese frühzeitigen Eingriffe rechtsstaatlich abzusichern, ist ihre Anordnung grundsätzlich einem Richter vorbehalten. Die auf Aktenanalysen und Interviews beruhende empirische Studie geht der Frage nach, wie der gesetzlich vorgeschriebene Richtervorbehalt bei der Telefonüberwachung in der Praxis gehandhabt wird. Sie führt zu dem Befund, dass die Richter fast immer dem Überwachungsantrag stattgeben und der Richtervorbehalt eher selten auf einer, wie vom Verfassungsgericht gefordert, eigenständigen Entscheidung der Richter beruht.«

Eine Kurzfassung des Abschlussberichts steht im Internet zur Verfügung.

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Gerichtsmanagement

Zu den Themen, mit denen ich mich viel beschäftigt habe, gehören die Alternativen zum Recht und zur Justiz und das Gerichtsmanagement. Auf das zweite Thema bin ich eigentlich über das erste gekommen, denn seit der berühmten Pound-Konferenz wurde von den Justizverwaltungen in den USA »ADR« als Mittel zur Entlastung der Justiz propagiert. Eigentlich wollte ich mich jetzt ganz auf die Rechtssoziologie konzentrieren. Aber nun habe ich doch noch wieder zwei Einladungen angenommen, das Gerichtsmanagement noch einmal zum Thema zu machen. Die Suche nach Neuigkeiten führt natürlich über das Internet in die USA. Da zeigt sich, dass zwei altbekannte Quellen, nämlich das Federal Judicial Center und das National Center for State Courts ihre Webseiten inzwischen so aufgeladen haben, dass sie wirklich ergiebig sind. Deshalb nehme ich sie vorübergehend auch in meine Linkliste auf.
http://www.ncsconline.org/
http://www.fjc.gov/

Nachtrag vom 17. Juni 2022: Das Gerichtsmanagement ist heute ganz auf Digitalisierung ausgerichtet. Über den Sachstand in Deutschland berichtet eine Untersuchung vom Juni 2022: Boston Consulting Group/Bucerius Law School/Legal Tech Association, The Future of Digital Justice.

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