Exkurs zu Descartes‘ Irrtum

Dies ist die fünfte Fortsetzung des Eintrags über den Emotional Turn und die Rechtswissenschaft.

Von Emotionen heißt es, sie seien im Gegensatz zu Stimmungen, objektgerichtet sind. Das bedeutet wohl, dass sie sich einen bestimmten, kognitiv erfahrbaren Gegenstand beziehen. Dieser Gegenstand muss nicht real sein, sondern kann, wie ein Gespenst, bloß in der Einbildung bestehen. Die Objektausrichtung von Emotionen lenkt auf eine Dual-Track-Mind-Theorie der Verarbeitung von Kognitionen.

»Decartes‘ Irrtum« soll bekanntlich darin liegen, dass er Körper und Geist und damit auch Emotion und Verstand voneinander getrennt habe. Ich meine allerdings, dass wir eher Anlass haben, Decartes zu bewundern als ihn zu kritisieren. Was er klassisch formuliert hat, würde man heute wohl als ein Emergenzphänomen einordnen. Es geht um die Verselbständigung des (subjektiven) Geistes gegenüber dem Körper. Das Vehikel des Geistes ist die Sprache und die damit möglich gewordene Abstraktion.

Ich beziehe mich im Folgenden auf eine Darstellung von Ronald de Sousa[1]. Die Besonderheit logischer und mathematischer Schlüsse, die wir für schlechthin zutreffend halten, besteht darin, dass sie objektfrei = abstrakt funktionieren. Voraussetzung dafür ist die Sprache. Nun lässt sich aber an vielen sprachlosen Tieren beobachten, dass sie Kognitionen sinnvoll verarbeiten, dass sie also bis zu einem gewissen Grade »denken« können. Solches Denken gelingt aber nur im Blick auf konkrete Objekte. Auch unsere menschlichen Vorfahren sind durch einen sprachlosen Zustand hindurchgegangen. In diesem Zustand konnten sie viele Situationen mit Hilfe von Analogieschlüssen, also durch Mustererkennung[2], beherrschen. Zwischen derart konkretem Denken und dem abstrahierend logischen Denken liegt ein großer Entwicklungsschritt. Das belegen psychologische Experimente nach Art des Wason-Tests[3], und das erlebt jeder Schüler, wenn er eingekleidete Rechenaufgaben in abstrakte Formeln übersetzen soll.

Dual-Track- oder Dual-Process-Theorien gibt es viele. Eine Dual-Track-Theorie besagt in diesem Zusammenhang, dass Kognitionen im weitesten Sinne beim modernen Menschen in zwei psychischen Systemen verarbeitet werden, nämlich in einem älteren, das mit konkreten Objekten und Analogien hantiert, und einem jüngeren, das mit sprachlichen Abstraktionen arbeitet. Die weitere Annahme geht dahin, dass das ältere System von Emotionen gelenkt wird, die es im Laufe der Evolution auf überlebensnotwendige Reaktionen ausgerichtet haben, während das jüngere System über Bewusstsein verfügt, das ihm dazu verhilft, abstrakt und damit im modernen Sinne rational zu arbeiten.

Dieses Dual-Track-Mind-Modell deckt sich nur zum Teil mit Kahnemanns Modell des schnellen und des langsamen Denkens. Das schnelle Denken Kahnemanns ist zwar deshalb schnell, weil es im Unbewussten abläuft. Aber wie es dort hinkommt, bleibt offen. Es handelt sich wohl nicht bloß um emotionsgesteuerte vorsprachliche Reizverarbeitung, sondern auch um individuell oder vor allem sozial gelernte Reaktionsmuster, um Hexis im Sinne Bourdieus, um eine durch kulturelle Praktiken geprägte Routine. »Schnelles Denken« befähigt zu erstaunlichen Leistungen, wie de Sousa am Beispiel des Tennisspielers zeigt, der auf die anfliegenden Bälle des Gegners reagiert. Solche Leistungen können sogar emotionslos erbracht werden. Aber jedenfalls verfügen Menschen jenseits des »schnellen Denkens« über eine Fähigkeit der Distanzierung von ihren unmittelbaren Eindrücken und damit zur Abstraktion. Das bedeutet nicht, dass abstraktes Denken emotionslos vor sich geht. Mit dieser Fähigkeit haben sich anscheinend spezifische Emotionen entwickelt. De Sousa spricht von »epistemischen« Emotionen »such as wonder, doubt, curiosity, surprise, or the ›feeling of rightness‹ [which] spur the quest for analytic rigour typical of Track Two processing«.

Damasios »Entdeckung« bestand bekanntlich darin, dass der arme Phineas Gage nach einer schweren Hirnverletzung seine Entscheidungsfähigkeit im Sinne praktischer Rationalität verlor, weil Verbindungen zwischen der Amygdala als Sitz der Emotionen und dem präfrontalen Kortex als Sitz von Bewusstsein, Wahrnehmung, Gedächtnisleistung und Intelligenz durchtrennt worden waren. »Langsames« abstraktes Denken hat eine neue Qualität, die man Geist nennen kann. Auch wenn dieser Geist um seine neuronale Basis weiß, so kann er sie doch nicht spüren, sondern nur darüber nachdenken. Er weiß auch um seine Emotionen und kann sie sogar fühlen. Aber er kann sich von ihnen distanzieren. Deshalb sollte man Descartes nicht schelten, wenn er das Denken zum Wesensmerkmal des Menschen erklärte.

Solche Überlegungen zeigen eine überindividuelle Funktionsarchitektur der Psyche, die für die Aufnahme und Verarbeitung von natürlichen und sozialen Reizen zuständig ist, führen aber hinsichtlich der Frage, wieweit die Aufnahme und Verarbeitung von Reizen durch Bewusstsein und Routine gesteuert wird und welchen Einfluss dabei Emotionen nehmen, nicht weiter. Immerhin deuten sie darauf hin, dass sich der »Geist« im Sinne von Rationalität soweit verselbständigt hat, dass er imstande ist, Emotionen bis zu einem gewissen Grade zu kontrollieren.

Mit der Fortsetzung geht es zurück zu den Emotionstheorien der Psychologie.


[1] Ronald de Sousa, Logic and Biology: Emotional Inference and Emotions in Reasoning, in: Jonathan Eric Adler/Lance J. Rips, Reasoning, 2008, 1002–1015; vgl. auch Ronald de Sousa, Why Think? Evolution and the Rational Mind, 2007.

[2] Dazu die Einträge über Die Analogie als Entdeckungsverfahren und Gleichmacher auf Rsozblog.

[3] Norbert Treitz, Wason-Test, Spektrum.de.

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Recht und Emotion: Ein Katalog der Gefühle

Dies ist die dritte Fortsetzung des Eintrags über den Emotional Turn und die Rechtswissenschaft.

Die nächste Aufgabe könnte darin bestehen, Kataloge möglicher Emotionen und Gefühle aufzustellen.[1] Leichter ist es, mit den Gefühlen zu beginnen, weil insoweit das Bewusstsein beteiligt ist, so dass wir von den Gefühlen ausgehen können, von denen wir reden. Hier die wichtigsten Kandidaten für eine Liste der Gefühle:

Abneigung (Antipathie), Zuneigung (Sympathie), Feindschaft, Aufregung, Interesse, Ärger, Empörung, Angst, Wut, Furcht, Appetit, Hunger, Durst, Sättigung, Lust, Neid, Ekel, Freude, Traurigkeit (Depression), Stolz, Scham, Schreck; Schmerz, Schuldgefühl, Überraschung, Zorn, Liebe, Hass, Eifersucht, Heimweh, Sehnsucht, Kummer; Mitleid, Langeweile.

Das Rechtsgefühl habe ich in der psychologischen Fachliteratur nicht gefunden. Dieses Gefühl kennen anscheinend nur Juristen.

»Nicht das Rechtsgefühl hat das Recht erzeugt, sondern das Recht das Rechtsgefühl.« (Rudolf von Ihering, Der Zweck im Recht, 1877, Vorrede).

Aber die Liste der Gefühle ist nicht abgeschlossen. Es scheint so, als ob »wir beliebig viele verschiedene Gefühle erfahren können, gerade so, wie wir beliebig viele verschiedene Gedanken denken können«[2] Aber vielleicht ist das Rechtsgefühl auch gar kein »echtes« Gefühl. Bak unterscheidet zwischen »affektiven« und anderen Gefühlen. Als Beispiel für die anderen nennt er Pflichtgefühl, Verantwortungsgefühl oder Ballgefühl.[3] Ist das Rechtsgefühl das Ballgefühl der Juristen?

Wird das Rechtsgefühl nur aus kondensierter Erfahrung gespeist oder verfügt es jedenfalls zusätzlich über angeborene Elemente? Was die Erfahrung betrifft, so muss es sich nicht allein um Erfahrungen mit dem offiziellen positiven Recht handeln. Vermutlich gehen alle Erfahrungen mit zwischenmenschlichen Transaktionen in das Rechtsgefühl ein. Dann gibt es wohl ein vor(positiv)rechtliches Rechtsgefühl. Sprenger leitet ein vorrechtliches Rechtsgefühl, also ein solches, dass nicht in erster Linie vom modernen positiven Recht geprägt ist, aus sehr allgemeinen Gerechtigkeitsprinzipien ab (Gleichheit, Fairness, Goldene Regel).[4] In unserem Zusammenhang interessiert aber kein durch Prinzipien vermitteltes, sondern ein unmittelbar emotional geprägtes Rechtsgefühl – wenn es denn so etwas gibt. Das war immerhin die Prämisse der sozialpsychologischen Gerechtigkeitstheorie (Equity-Theorie). Ohne Anknüpfung an die Psychologie versuchen Ökonomen Fairness und Reziprozität mit einem spieltheoretischen Ansatz zu erklären.[5] Binmore findet in der Reziprozität am Ende eine genetisch programmierte Veranlagung. Als »vorrechtliches« Rechtsgefühl kommt ferner« der Gerechte-Welt-Glaube[6] in Betracht.[7] In den Sozialwissenschaften besteht anscheinend die Vorstellung eines angeborenen oder jedenfalls tief in der Psyche verankerten Gerechtigkeitsgefühls. (und dem Juristen drängt sich die Frage auf, ob dieses Gerechtigkeitsgefühl das gesuchte Rechtsgefühl ist.)

Damit ist die Frage, ob das Rechtsgefühl überhaupt als affektiv/emotional einzuordnen ist, allerdings nicht beantwortet. Dass das Rechtsgefühl durch Erfahrung geprägt wird, schließt seine Gefühlsqualität nicht aus, stellen doch die gängigen Emotionstheorien überwiegend auf »Kognitionen« ab. Vielleicht handelt es auch gar nicht um ein einheitliches Gefühl, sondern um ein Kompositum von, ja wovon?

[Fortsetzung]


[1] Mit einer »Typologie« versucht es das Handbuch »Emotionen«: Hermann Kappelhoff/Jan-Hendrik Bakels/Hauke Lehmann/Christina Schmitt, Emotionen. Ein interdisziplinäres Handbuch, 2019. Viel zitiert wird eine Aufzählung von von Andrew Ortony u. a.  , die, eingeteilt in drei Gruppen, jeweils im Hinblick auf bestimmte Objekte 24 Gefühle identifiziert (Andrew Ortony/Gerald L. Clore/Allan Collins, The Cognitive Structure of Emotions, 2 Aufl. 2022 [1988], Tabelle S. 22).

[2] Ronald de Sousa, Moralische Gefühle in Scharz-Weiß und Farbe, e-Jounal Philosophie der Psychologie, Juni 2005.

[3] Peter Michael Bak, Lernen, Motivation und Emotion, 2019, S. 146.

[4] Gerhard Sprenger, Rechtsgefühl ohne Recht, in: FS Ernst-Joachim Lampe, 2003, 317-338.

[5] Ken Binmore, Natural Justice, 2005; Luigino Bruni, Reziprozität, 2020.

[6] Melvin J. Lerner, Belief in a Just World. A Fundamental Delusion, 1980; Melvin J. Lerner/Sallly C. Lerner (Hg.), The Justice Motive in Social Behavior, 1981.

[7] Erstaunlich, dass in den zahlreichen Äußerungen zum Rechtsgefühl diese wohl empirisch am weitesten ausgetestete Theorie, die der Sozialpsychologe Melvin L. Lerner seit 1965 entwickelt hat, gar nicht auftaucht. Sie gehört heute zum Kanon des Faches: Jürgen Maes, Die Geschichte der Gerechte-Welt-Forschung: Eine Entwicklung in acht Stufen?, GiP-Bericht Nr. 17, 1998 .

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Der Emotional Turn und die Rechtswissenschaft

Der Leerlauf des Rechtsgefühls

Seit Jahrzehnten wird der emotional turn[1] beschworen und mit dem üblichen cultural lag ist er im Recht[2] und dann auch in Deutschland angekommen.[3]

Von einem emotional turn ist die Rede, weil die Psychologie, wohl schon seit den 1980er Jahren, dem Thema größere Aufmerksamkeit widmet. Der turn kommt aber auch mit einer inhaltlichen Tendenz. Allgemein ist der emotional turn darauf gerichtet, den Gegensatz von Ratio und Emotion, Verstand und Gefühl zu überwinden. Wie bei solchen »Wenden« üblich, wird das Angriffsobjekt zunächst mit Tendenzbehauptungen aufgeplustert. Die Kommunikation wird immer emotionaler. Werbung, soziale Netzwerke und Politik emotionalisieren immer mehr usw. usw. Sodann wird theoretisch mit dem Leib-Seele- Dualismus ein Dummy aufgebaut, indem Verstand und Gefühl dichotomisch gegeneinander gesetzt werden. Dem Recht wird mit dem suffocating narrative of law-as-reason[4] eine grausame Hintergrundtheorie attestiert. Licht in dieses Dunkel bringen Bücher wie »Die Rationalität des Gefühls«[5] von Ronald de Sousa oder von Antonio R. Damasio »Descartes’ Irrtum«[6] und »Im Anfang war das Gefühl«[7]. Jetzt erfahren wir, dass es keine Kognitionen und kein Denken ohne Gefühle gibt, auch wenn diese sich oft der Wahrnehmung entziehen, und wir werden zugleich darüber belehrt, dass Rationalität und Gefühle nicht als Gegensätze verstanden werden dürfen. Diese »Versöhnung« kommt überraschend, bildet doch die ebenso unvermeidbare wie unsichtbare und unberechenbare Emotionalität einen wichtigen Ausgangspunkt für Kritik an der von der Jurisprudenz in Anspruch genommenen Rationalität und Objektivität. Die Frage drängt sich auf, ob ein neues Verständnis von Emotionalität am Ende sogar die Black Box der Werturteilskomponente juristischer Entscheidungen belichten könnte.

Der Versuch zu verstehen, was der emotional turn der Rechtswissenschaft bringt, hat mich in den Abgrund der Interdisziplinarität gestürzt. Bei dem Versuch, in die Emotionspsychologie und Emotionssoziologie einzudringen, hat sich das Gefühl breit gemacht, ins Bodenlose zu fallen.[8] Hilfsbereite Menschen erklären mir, der Jurist sei selbst schuld, wenn er versuche, in fremden Fächern zu dilettieren. Der Witz der Interdisziplinarität bestehe doch gerade darin, dass Angehörige verschiedener Disziplinen zusammenarbeiteten. Doch interpersonelle Zusammenarbeit funktioniert anscheinend nur begrenzt. Man braucht die anderen als Auskunftspersonen. Doch wenn man sie machen lässt, kommt zwar immer wieder Interessantes heraus. Aber die praktisch relevanten Fragen bleiben unbeantwortet. Ein einschlägiges Beispiel gibt das »Research Handbook on Law and Emotion«, herausgegeben von Susan A. Bandes u. a., 2021. Da erfahren wir, dass die wissenschaftliche Befassung mit Recht und Emotion enorm wichtig ist, dass sie bisher vernachlässigt wurde, und dass es dazu viele Ansätze gibt. Alles ist enriching, fasccinating, gelegentlich sogar critical. Aber das war es dann auch.[9]

Ein Grund für meine Enttäuschung ist wohl, dass »die anderen« auf die entscheidenden Fragen gar keine direkten Antworten haben. Der Interdisziplinaritätsimperativ stützt sich auf die Hoffnung, das andere Disziplinen auf die vielen Fragen, auf die die Jurisprudenz keine »wissenschaftliche« Antwort weiß, bessere Auskunft geben könnten. Doch diese Hoffnung wird immer wieder enttäuscht. Das werden »die anderen« selten oder nie zugeben. Stattdessen antworten sie auf Fragen, die ihnen nicht gestellt wurden oder ihre Antworten bleiben so unbestimmt und auslegungsbedürftig wie die Rechtsnormen, die es doch gerade mit Inhalt zu füllen gilt.

Bei den Juristen findet der emotional turn einen Anknüpfungspunkt im Rechtsgefühl. Die Literatur zum Rechtsgefühl erlebt seit bald zehn Jahren eine neue Konjunktur. Aber geredet und geschrieben wird nur über das Rechtsgefühl als solches. Über seine Inhalte erfährt man wenig, noch weniger darüber, wie das Rechtsgefühl zu seinen Inhalten gelangt oder wie es sich auf soziales Verhalten und juristische Entscheidungen auswirkt.

Eine erste Konjunktur hatte die Rede vom Rechtsgefühl um die Wende zum 20. Jahrhundert, ausgelöst durch die Rektoratsrede Gustav Rümelins »Über das Rechtsgefühl«, die 1871 veröffentlicht wurde. Die Konjunktur dauerte bis in die 1920er Jahre an.[10] Eine zweite Konjunktur gab es nach 1970. Sie begann mit der so genannten KOL-Forschung, die sich darum bemühte, Rechtskenntnisse und Einstellungen zum Recht dingfest zu machen.[11] Dabei stand die Frage nach Rechtskenntnissen im kognitiven Sinne nur am Anfang. Weiter und tiefer ging die Suche nach Rechtsbewusstsein und/oder Rechtsgefühl. Für die Rechtstheorie wurde »Rechtsbewusstsein« zu einer Generalklausel für metajuristische Reflexionen, wie sie in dem von Ernst-Joachim Lampe 1997 herausgegebenen Band versammelt sind.[12]

Ausgehend von den USA dominierte bald das Label legal consciousness, das sich als Rechtsbewusstsein übersetzen lässt.

»Legal consciousness has been one of the most studied, discussed, and debated concepts in law and society research over the last thirty years.«[13]

Viele suchten unter dieser Überschrift, wie zuvor die KOL-Forschung, nach support for the legal system.[14] Das damit angedeutete Konzept wurde jedoch von der Schule der Critical Legal Studies verworfen. Die einflussreiche amerikanische Rechtssoziologin Susan S. Silbey machte geltend, legal conciousness als theoretisches Konzept und empirischer Forschungsansatz habe sein kritisches Potential verloren. Einst sei das Konzept entwickelt worden, um zu zeigen, wie das Recht seine institutionelle Macht verteidigen könne, obwohl es konstant hinter seinen Versprechungen zurückbleibe. Aber jetzt diene es im Gegenteil dazu, die Funktionsfähigkeit des Rechts für bestimmte Gruppen und Interessen zu verbessern.[15]

Nun, wie beim Schweinezyklus, eine neue Welle, befördert durch Ästhetik[16] und Neue Phänomenologie.[17] Die von Landweer und Koppelberg herausgegebenen Sammelbände[18] sind in einer Reihe »Neue Phänomenologie« erschienen, der Band von Scarinzi[19] als »Contribution to Phenomenology«. Hier überschneidet sich der emotional turn mit der Körpersoziologie der Neuen Phänomenologie. Embodiment ist das Stichwort. Sensual turn[20] passt auch. Schon beinahe ein Nachzügler ist der Juristenband von Thorsten Keiser, Greta Olson und Franz Reimer »Rechtsgefühle – Die Relevanz des Affektiven für die Rechtsentwicklung in pluralen Rechtskulturen« (2023), der die Thematik auf die kulturwissenschaftliche Schiene schiebt.

Vielversprechend beginnt der Beitrag von Julia Hänni zu einem der Sammelbände, wenn sie erklärt, dass bereits der Vollzug kognitiver Wahrnehmungen gefühlsgeleitet ist:

»Der Apriorismus des Emotionalen prägt als Vorbedingung des Verstehens das Erschließen der Außenwelt – und zwar als ›Vorwertung‹ im Sinne eines primären emotionalen Unterscheidungsvermögens, das sich auf die Differenzierungsleistung der Wahrnehmung selbst stützt: Es ist eine Vorwertung durch eine gefühlsgeleitete Stellungnahme, die im Wahrnehmungsvollzug bereits gegeben ist, und eine Fähigkeit, welche die Dinge der Welt positiv und negativ differenziert und so die Besonderheit erfahrbar macht.« [21]

Nun möchte man gerne wissen, welche Gefühle im Zuge der Urteilsbildung Vorwertungen mit sich bringen, wo diese Gefühle ihren Ursprung haben und welcher Art die von ihnen bewirkten Vorwertungen sind. Stattdessen schwenkt Hänni auf das Rechtsgefühl, von dem wir nur erfahren, dass es so etwas gibt. Es bleibt bei der immer wiederholten Feststellung, dass Gefühle bei Urteilen eine Rolle spielen und vielleicht bei einzelnen Beispielen, in denen der Zusammenhang von Gefühl und Urteil nahezuliegen scheint.

Man redet über das Rechtsgefühl, aber – anders als die KOL-Forschung – weder über seine Inhalte noch darüber, was die Inhalte ausmacht und was sie bewirken. Der Leerlauf des Rechtsgefühls hat einen Grund darin, dass Law and Emotion zu einem Law & Something-Fach aufgeplustert wird, so etwa von Maroney[22]:

Man stürzt sich auf die Randgebiete und umgeht den zentralen Fragenkomplex, den emotion theory approach, für den die Psychologie zuständig ist. So erfährt man wunderbare Dinge etwa über Gefühle in Geschichte[23] und Literatur[24], aber wenig über konkrete Ursachen, Auslöser und Wirkungen von Gefühlen. So wird man auch in die Ästhetik entführt, nur um zu entdecken, dass »das Gefühl« ein Grundbegriff der philosophischen Ästhetik war oder ist, der sich gegen fremddisziplinäre Aufladung sträubt, wie sie von Psychologie und Soziologie und vielleicht auch von der Genetik zu erwarten ist. [25] Das Rechtsgefühl läuft leer.

Diese Feststellung verlangt nach einer Fortsetzung. Die ist in Vorbereitung und folgt demnächst hier.

Fortsetzungen:

Zur Sortierung der Begriffe
Emotional-evaluative Erstreaktion und Nachsteuerung
Ein Katalog der Gefühle
Basis- und Sekundäremotionen
Theorien der Emotions-Psychologie
Exkurs zu Descartes’ Irrtum
Zurück zu den Emotionstheorien der Psychologie


[1] Andere sprechen vom emotive turn (Gary S. Schaal, Österreischische Zeitschrift für Politikwissenschaft 39, 2010, 139) oder von der »emotiven Wende« (Oliver W. Lembcke/Florian Weber, Emotion und Revolution,  Österreischische Zeitschrift für Politikwissenschaft 39, 2010, 139).

[2] Für das Recht hat Greta Olson den emotional turn als affective turn rezipiert (The Turn to Passion: Has Law and Literature become Law and Affect?, Law & Literature 28, 2016, 335–353; dies., From Law and Literature to Legality and Affect, 2022).

[3] Der emotional turn erfasst auch andere Disziplinen. So unterhält das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung seit 2013 ein Webportal Geschichte der Gefühle. Cihan Sinanoglu/Serpil Polat, konstatieren einen affective turn der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften: Rassismusforschung in Bewegung, in: Rassismusforschung I, 2023, 7-22, S. 14.

[4] Terry A. Maroney, A Field Evolves: Introduction to the Special Section on Law and Emotion, Emotion Review 2016, 3–7.

[5] Ronald de Sousa, Die Rationalität des Gefühls, 2009 (The Rationality of Emotion, 1987; Rezension von William Lyons, Philosophy and Phenomenological Research 50, 1990, 631-633).

[6] Antonio R. Damasio, Descartes’ Irrtum, 2004. Dazu Martin J. Jandl, Das antinomische Paradigma der Hirnforschung am Beispiel von Damasios Descartes‘ Irrtum, e-Jounal Philosophie der Psychologie, Juli 2010.

[7] Antonio R. Damasio, Im Anfang war das Gefühl. Der biologische Ursprung menschlicher Kultur, 2017.

[8] Die Übersichtsartikel, die ich gefunden habe, haben mir nicht wirklich weitergeholfen: Susan A. Bandes/Jeremy A. Blumenthal, Emotion and the Law, Annual Review of Law and Social Science 8, 2012, 161-181; Renata Grossi, Understanding Law and Emotion, Emotion Review 2015, 55–60.

[9] Eine Rezension von Riccardo Vecellio Segate, Navigating Lawyering in the Age of Neuroscience: Why Lawyers Can No Longer Do Without Emotions (Nor Could They Ever), Nordic Journal of Human Rights 2022, 268–283.

[10] Darüber hat Sandra Schnädelbach in ihrem Buch »Entscheidende Gefühle« (2020) berichtet. Miloš Vec hat dieses Buch in der FAZ vom 8. 1. 2021 gewürdigt (»Der dunkle Grund des Rechts«).

[11] Adam Podgorecki u. a., Knowledge and Opinion about Law, 1973; Die Stichworte waren Rechtskenntnisse, Rechtsbewusstsein und/oder Rechtsgefühl (legal knowledge, opinion about law; legal consciousness; sense of justice, sens juridique). Dazu Rsozblog vom 9. 3. 2020: Noch einmal Bourdieu, jetzt mit Rechtsbewusstsein.

[12] Ernst-Joachim Lampe (Hg.), Zur Entwicklung von Rechtsbewußtsein, 1997.

[13] Kathleen E. Hull, Legal Consciousness in Marginalized Groups, The Case of LGBT People, Law & Social Inquiry 41, 2016, 551-572, S. 551.

[14] Austin Sarat, Support for the Legal System, American Politics Quarterly 3,1975, 3–24. Zehn Jahre später schwenkte Sarat auf die Linie der Critical Legal Studies ein: Legal Effectiveness and Social Studies of Law: On the Unfortunate Persistance of a Research Tradition, Legal Studies Forum 23, 1985, 23–31.

[15] Susan S. Silbey, After Legal Consciousness, Annual Review of Law and Social Science 1, 2005, 323-368. Immer wieder angeführt, aber kaum ausgewertet wird in diesem Zuammenhang Patricia Ewick/Susan S. Silbey, The Common Place of Law: Stories from Everyday Life, 1998. Vgl. jetzt auch Patricia Ewick/Susan Silbey, Looking for Hegemony in All the Wrong Places: Critique, Context and Collectivities in Studies of Legal Consciousness , in: Jiri Priban (Hg.), Research Handbook on the Sociology of Law, 2020, 163-176.

[16] Gertrud Koch/Christoph Möllers/ Thomas Hilgers/Sabine Müller-Mall (Hg.), Affekt und Urteil, 2015. Der Band lässt vom Titel her nicht erkennen, dass er auf der Rechtsästhetikwelle schwimmt. Er geht auf die Jahrestagung 2012 des SFB 626 »Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste« zurück.

[17] Sigrid G. Köhler/Sabine Müller-Mall/Florian Schmidt/Sandra Schnädelbach (Hg.), Recht fühlen, 2017.

[18] Hilge Landweer/Dirk Koppelberg, Recht und Emotion I: Verkannte Zusammenhänge, 2017; Hilge Landweer/Fabian Bernhardt, Recht und Emotion II: Sphären der Verletzlichkeit, 2017.

[19] Alfonsina Scarinzi (Hg.), Aesthetics and the Embodied Mind, 2015.

[20] Im Blog »Recht Anschaulich« hatte ich 2012 ausführlich über den sensual turn geschrieben, nachzulesen im im Blogbuch in Einträgen vom 6. 10. 2012 (S. 12f), 2. 4. 2012 (S. 25ff) und vom 10. 2. 2012 (S. 40ff). Diese Einträge sind dann in der Zeitschrift für Rechtssoziologie 33, 2012, S. 51-75 unter dem Titel Zur Rede vom multisensorischen Recht. Ein kumulativer Tagungsbericht gedruckt worden.

[21] Julia Hänni, Gefühle als Basis juristischer Richtigkeitsentscheidungen, in Gertrud Koch u. a., Affekt und Urteil, 2015, 133–141.

[22] Terry A. Maroney, Law and Emotion: a Proposed Taxonomy of an Emerging Field, Law and Human Behavior, 30, 2006, 119–142.

[23] Joel F. Harrington, Der Henker als Flugschrift-Autor: Bewusste und unbewusste Darstellung von Gefühlen, in: Geschichte der Gefühle – Einblicke in die Forschung, April 2015, Sebastian Ernst, Gefühlsräume und gefühlte Räume – räumlich strukturiertes Fühlen am Beispiel des »Kerkers«, in: Geschichte der Gefühle – Einblicke in die Forschung, Oktober 2015. Das Research Handbbook on Law and Emotion (2021) enthält ein ganzes Kapitel mit fünf Artikeln über die History of Legal Emotions.

[24] Nancy E. Johnson, Impassioned Jurisprudence. Law, Lterature, and Emotion, 1760-1848, 2015.

[25] Brigitte Scheer, Art. Gefühl, in Barck (Hg.), Ästhetische Grundbegriffe Bd. 2 2001, 629-660. Die Ästhetik hat freilich ähnliche Probleme mit der psychologischen Einordnung des Gefühls wie die Jurisprudenz; dazu Bjarne Sode Funch, Emotions in the Psychology of Aesthetics, Arts 11, 2022, 76, 11 //S.

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Der Kulturwissenschaftler als Wendehals

2006 hatte Doris Bachmann-Medick den Translational Turn ausgerufen. 2011 hat sie nachgelegt:

»Ein Ende der Wende-Spirale scheint kaum in Sicht – was in jüngster Zeit geradezu körperliche Reaktionen hervorruft: ›Schwindel‹, ›Schleudertrauma‹, ›drehwurmträchtige‹ Verunsicherungen und andere Irritationen«.[1]

Ein Turn in den Kulturwissenschaften ist die kleine Münze des Paradigmenwechsels, wie er von Thomas Kuhn 1976 beschrieben wurde. Für einen Paradigmenwechsel braucht es eine wissenschaftliche Revolution. Für Turntaking Behavior in den Geistes- und Sozialwissenschaften, die sich als Kulturwissenschaften verstehen, langt eine neue Mode.

Ich zähle über 30 Turns. Auf der Turntable der Theorieangebote liegt zurzeit die Ästhetik vorn, nicht nur im Alphabet. Hier meine Sammlung in alphabetischer Reihenfolge:

Aesthetic turn, aural turn[2], behavioral turn, body turn, commercial turn[3], cultural turn, design turn[4], digital turn, emotional turn[5], ethical turn[6], genetic turn, germanistic turn, iconic turn; interpretive turn[7], linguistic turn, material turn, medial turn narrativist turn, performative turn, pictorial turn[8], postcolonial turn, punitive turn[9], reflexive turn, security turn; spatial turn[10], speculative turn[11], systemic turn[12]; temporal turn, textual turn, translational turn, turn to the jewish legal model[13], turn of reader-response criticism[14], visual turn.

Wem wird da nicht schwindelig?

Vielleicht gibt es ein Mittel gegen den Schwindel. Ich werde es demnächst einmal mit dem natural turn ausprobieren. Den gibt es bisher nur als Tanzschritt. Warum nur die Emscher renaturieren? Warum nicht die Kulturwissenschaften?

Nachträge: Übersehen habe ich den schon nicht mehr ganz aktuellen empirical turn in der Rechtswissenschaft: Gregory Shaffer/Tom Ginsburg, The Empirical Turn in International Law, American Journal of International Law 106, 2012, 1-46; Niels Petersen, Braucht die Rechtwissenschaft eine empirische Wende?, Der Staat 49, 2010, 435-455.

Eine spezielle Wendung des interpretive turn bietet der contextual oder contextualist turn in contract law (Larry A. DiMatteo, Reason and Context: A Dual Track Theory of Interpretation, Dickinson Law Review 109, 2004-2005, 397-486, S. 398.

Lawrence B. Solum hat den Aretaic Turn ausgerufen, die Wende zu einer Tugendethik des Rechts (The Aretaic Turn in Constitutional Theory, Brooklyn Law Review 70, 2004, 475-532).

Einen abductive turn konstatiert Jo Reichertz, Die Abduktion in der qualitativen Sozialforschung, 2. Aufl. 2013, S. 36.

Für das Recht hat Greta Olson den emotional turn als affective turn rezipiert (The Turn to Passion: Has Law and Literature become Law and Affect?, Law & Literature 28, 2016, 335–353). Vgl. auch  »den affective turn der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften (Cihan Sinanoglu/Serpil Polat, Rassismusforschung in Bewegung, in: Rassismusforschung I, 2023, 7-22, S. 14).

Paul Blokker und Chris Thronhill meinen, man könne jetzt von einem constitutional turn in sosciology und einem sociological turn in constitutionalism reden (An Introduction, in: dies. [Hg.], Sociological Constitutionalism, 2017, 1-32, S. 6).

»The Anthropological Turn« lautet der Titel des Beitrags von Elif Özmen zu einem von Jan-Christoph Heilinger/Julian Nida-Rümelin herausgegebenen Sammelband »Anthropologie und Ethik« (2016, S. 19).  Heft 2/2023 der Zeitschrift »Theologie und Glaube« erscheint als Themenheft »Theologie nach der anthropologischen Wende?«.

Eine neue Buchreihe (2022) herausgegeben von Aida Bosch und Joachim Fischer, trägt den Titel »Vital Turn: Leib, Körper, Emotionen«.

Durch einen Blogpost von Linda Nell bin ich auf den »normative turn« der Systgemtheorie aufmerksam geworden. Nell verweist auf Lyana Francot-Timmermans/ Emilios Christodoulidis,  The Normative Turn in Teubner’s Systems Theory of Law, Netherlands Journal of Legal Philosophy, 3, 2011, 187-190.

Gwinyai Machona hat beobachtet, dass in der deutsche Philosophie (nicht aber in der Rechtwissenschaft) im Jahr 2020 ein »(kleiner) postcolonial oder critical turn« eingeläutet worden sei (Das Provenienz-Problem der Rechtswissenschaften, Kritiche Justiz 33, 2022, 437-452. S. 442).

Über den »contemporary realist turn in philosophy« schreibt Katrin Felgenhauer, Seinsbegegnung. Nicolai Hartmann und das zeitgenössische Bedürfnis nach Realität, Deutsche Zeitschrift für Philosophie 68 , 2020, 261-274. Das Zitat ist aus der Zusammenfassung. Im Text ist von einer »Renaissance des Realismus« die Rede.  Vorläufer war der naturalistic turn (Lena Gunnarsson, The Naturalistic Turn in Feminist Theory: A Marxist-realist contribution, Feminist Theory 14, 2013, 3-19. In der Wissenschaftsphilosophie wird dieser Turn Willard van Orman Quine‘s ›Two Dogmas of Empiricism‹ zugeschrieben.

Habe ich ganz vergessen:  Im Blog »Recht Anschaulich« hatte ich 2012 ausführlich über den sensual turn geschrieben, nachzulesen im im Blogbuch in Einträgen vom 6. 10. 2012 (S. 12f), 2. 4. 2012 (S. 25ff) und vom 10. 2. 2012 (S. 40ff). Diese Einträge sind dann in der Zeitschrift für Rechtssoziologie 33, 2012, S. 51-75 unter dem Titel Zur Rede vom multisensorischen Recht. Ein kumulativer Tagungsbericht gedruckt worden.

Im Museum Reina Sofia in Madrid gab es 2022 eine Ausstellung Graphic Turn.

In den 1990er Jahren sprach man von einem deliberative turn (vgl. Antonio Floridia, The Origins of the Deliberative Turn, in: The Oxford Handbook of Deliberative Democracy, 2018, 35-54). Um die gleiche Zeit wurde aus der Rechtssoziologie der social movement turn ausgerufen (Scott L. Cummings, The Social Movement Turn in Law, Law & Social Inquiry 43, 2018, 360-416).

Auch der epistemic turn war um diese Zeit geläufig (vgl. Catherine Z. Elgin, Relocating aesthetics: Goodman’s Epistemic Turn, Revue Internationale de Philosophie, 43, 1993, 171-186). Eine spezielle Version bietet der epistemic decolonial turn (Ramon Grosfoguel, Globalization and the Decolonial Option, 2010, 65-77). Rike Sinder entdeckt im Naturrechtsdenken des lateinischen Mittelalters den rational turn (Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 108, 2022/2, 163–190).

In Hamburg gab es 2023 einen Workshop: International Legal Theory and the Cognitive Turn. Daraus ist der übliche Sammelband entstanden: Moshe Hirsch/Anne van Aaken (Hg.), International Legal Theory and the Cognitive Turn, Cambridge University Press, 2024.

Den Titel Pragmatic Turn trägt ein 2015 bei MIT Press erschienener Band, hg. von Andreas K. Engel u. a. im Titel (Untertitel: Toward Action-Oriented Views in Cognitive Science). Susan S. Silbey hat einen Aufsatz ins Netz gestellt, der in einem Band mit dem Titel »The Pragmatic Turn in Sociology« bei Columbia University Press erscheinen soll.

Einen »Historical turn« in der Hans-Kelsen-Forschung? will Peter Techet bemerkt haben (Zeitschrift für öffentliches Recht 76, 2021, 1329–1369).

Zähler aktuell (Mai2024): 55 turns.


[1] Cultural Turns, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 29.3.2010.

[2] Als Beleg für diesen und manche andere: Hartmut Bleumer/Rita Franceschini/Stephan Habscheid/Niels Werber, Turn, Turn, Turn?: Oder: Braucht die Germanistik eine germanistische Wende?, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 43, 2013, 9-15.

[3] Dominik Baumgarten, Product Placement in der (digitalen) Gegenwartsliteratur: Ein »Commercial Turn«?, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 43, 2013, 128-131.

[4] Wolfgang Schäffner, The Design Turn Eine wissenschaftliche Revolution im Geiste der Gestaltung, in: Claudia Mareis u. a. (Hg.), Entwerfen – Wissen – Produzieren 2010, 33-46.

[5] Konstanze Senge, Die Wiederentdeckung der Gefühle. Zur Einleitung, in: Konstanze Senge/Rainer Schützeichel (Hg.), Hauptwerke der Emotionssoziologie, 2013, 11-32, S. 11

[6] Bogner Alexander, Jenseits der Konsensillusion. Der »Ethical Turn« und die Pluralität ethischer Beratungsorgane in: Ethik und Politikmanagement, 2014, 39-58.

[7]»[T]he interpretive turn in law … depict[s] law as a communal language and attaching law to the social contexts in which norms can be generated and given meaning.« (Martha Minow, Yale Law Journal 96, 1987, 1860-, 1861-1915, S. 1987.

[8] Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Wittgenstein eingeleitete »sprachphilosophische Wende« = linguistic turn (nach dem Titel einer 1967 von Richard Rorty herausgegebenen Anthologie) war die Mutter aller turns. Die visuelle Wende brachte den pictorial turn (nach W. J. T. Mitchell, ArtForum International März 1992, 89). Die Begriffe sind aber nicht vergleichbar. Linguistic turn meint einen neuen Ansatz der Philosophie; pictorial turn dagegen bezieht sich empirisch darauf, dass die elektronischen Medien neben Zahlen und Text überall auch Bilder verfügbar machen.

[9] Simon Hallsworth, Rethinking the Punitive Turn: Economies of Excess and the Criminology of the Other, Punishment & Society 2, 2000, 145-160; Fritz Sack, Der weltweite ›punitive turn‹: Ist die Bundesrepublik dagegen gefeit? In: Hans-Georg Soeffner (Hg.): Unsichere Zeiten, 2010, 229–244.

[10] Jörg Döring, Tristan Thielmann (Hg.), Spatial Turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften,  2. Aufl. 2009.

[11]Levi R. Bryant/Nick Srnicek/Graham Harman (Hg.), The Speculative Turn, Continental Materialism and Realism, Melbourne, [Victoria] Australia 2011.

[12] Lucia Urbani Ulivi (Hg.), The Systemic Turn in Human and Natural Sciences, 2019.

[13] Suzanne Last Stone, In Pursuit of the Counter-Text: The Turn to the Jewish Legal Model in Contemporary American Legal Theory, Harvard Law Review 106, 1993, 813-894.

[14] Steven Mailloux, The Turns of Reader-Response Criticism, in: Charles Moran/Elizabeth Penfield (Hg.), Conversations, Contemporary Critical Theory and the Teaching of Literature, 1990, 38-54.

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