Corona Stress in der BGB-Klausur

Der alleinstehende I wohnt in der Stadt G. in einer Zweizimmerwohnung in dem etwas heruntergekommenen Widuna-Wohnblock mit mehr als 400 Wohnungen. G. liegt im Land Nordrhein-Westfalen. Als I am 18. Mai 2020 heftigen Reizhusten verspürt, wendet er sich an seinen Hausarzt, der ihn sogleich in das von der Stadt eingerichtete Corona-Zentrum zum Testabstrich schickt. Dort erklärt ihm ein Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, er habe auf kürzestem Wege in seine Wohnung zurückzukehren, auf dem Wege jede Annäherung an andere Menschen zu meiden und dürfe seine Wohnung bis zum Vorliegen des Testergebnisses nicht verlassen. Am 20. Mai geht beim Gesundheitsamt das positive Testergebnis ein. Sofort teilt ein Mitarbeiter des Gesundheitsamtes I mit, es werde für ihn Quarantäne angeordnet.  Während der nächsten 14 Tage dürfe er seine Wohnung nicht verlassen. Am 21. Mai wird ihm der Quarantänebescheid schriftlich zugestellt.

I fühlt sich nicht krank. Er verlässt täglich mehrfach seine Wohnung, um einzukaufen und um seinen Kumpel K zu treffen, der im gleichen Häuserblock wohnt. Jedes Mal teilt I den Aufzug mit anderen Hausbewohnern. Am 26. und 27. melden sich mehrere Hausbewohner bei ihren Hausärzten mit typischen Symptomen der Corona-Erkrankung. Nachdem sie positiv getestet worden sind, ordnet das Gesundheitsamt für das alle weiteren 735 Bewohner des Häuserblocks Quarantäne und Tests an. Die Quarantäne dauert bis zum 14. Juni. Die Tagespresse berichtet in den nächsten Tagen, eine Großfamilie habe am 24. Mai das Fastenbrechen gefeiert, sich dabei nicht an die Hygiene-Regeln der Corona-Verordnung gehalten und sei so zum Ausgangspunkt einer Infektionswelle geworden, die 86 Personen ergriffen habe. Nunmehr prasseln die Forderungen auf I herein.

Die Stadt verlangt Ersatz der vom Gesundheitsamt verauslagten Laborkosten von 59 EUR je Test.

Mieter A, der sich bei I angesteckt hat und 14 Tage mit Erkältungssymptomen und starkem Fieber im Bett verbracht hat, verlangt ein Schmerzensgeld.

Mieter B, der während der Quarantänezeit seinen geleasten PKW nicht nutzen konnte, verlangt Erstattung der Leasingrate für einen halben Monat in Höhe von 160 EUR.

Das Ehepaar G, gleichfalls Mieter in der Wohnanlage, ist das Großelternpaar, das vermeintlich mit seiner Familie ungehemmt das Zuckerfest gefeiert hatte. Tatsächlich hatten die G mit Kindern und Enkeln unter Einhaltung aller nach der Corona-Verordnung vorgesehenen Hygienevorkehrungen in einer Schischa-Bar gefeiert. Aus der Familie ist niemand infiziert. G verlangen von I ein Schmerzensgeld wegen Persönlichkeitsverletzung, weil sie von den Medien, zwar ohne Namensnennung, aber doch für Ortskundige leicht identifizierbar, als die Verursacher des Infektionsgeschehens beschuldigt worden seien. Auch von der örtlichen Tageszeitung Z und vom Lokal-Fernsehen LTV, die die Meldung verbreitet hatten,  möchten G ein Schmerzensgeld.

Die Widuna-GmbH ist Eigentümerin des Wohnblocks. W verlangt von I Schadensersatz in Höhe einer Monatsmiete von 270 EUR für die Wohnung Nr. 113, weil in der ersten Hälfte des Monats Juni eine Besichtigung dieser zum am 25. Mai freigezogenen Wohnung nicht möglich war, so dass die Wohnung erst zum 15. Juli wieder vermietet werden konnte.

W kündigt I mit sofortiger Wirkung den Mietvertrag, als sie von den Vorfällen erfährt. Ist die Kündigung wirksam?

Lösungsvorschläge willkommen!

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Fuckyoufy (F) ist eine NGO in der Rechtsform eines nichtrechtsfähigen Vereins. Sie hat sich dem Kampf gegen die Sexualisierung der kapitalistischen Gesellschaft verschrieben. In den letzten zehn Jahren hat F in Vergnügungsvierteln, an Nacktbadestränden und vor der Firmenzentrale des Playgirl-Verlages Demonstrationen und Zeltlager organisiert, um gegen die Erotisierung von Medien und Alltag, Menschenhandel und Prostitution zu protestieren. Bei acht von zehn Protestaktionen kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Es wurden Pflastersteine herausgerissen und auf die Beamten geworden. Ferner wurden stets auch mindestens ein Auto angezündet und mehrere Schaufenster eingeschlagen. Die Täter waren allerdings ganz überwiegend nicht Mitglieder und Sympathisanten von F, sondern Hooligans und sogenannte Autonome, die dafür bekannt sind, dass sie von anderen initiierte Großdemonstrationen nutzen, um Gewalttaten zu verüben.

Für den Tag der Einweihung eines neuen Großbordells auf St. Pauli hatte F durch das Vorstandsmitglied A wiederum eine Demonstration organisiert. Die Demonstration wurde entsprechend dem Versammlungsgesetz angemeldet und nicht verboten. Zur Vorbereitung der Demonstration wurden von F Sonderzüge der Deutschen Bahn und Busse angemietet, mit denen Mitglieder und Unterstützer von F nach Hamburg fuhren. Die Teilnehmer erhielten genaue Verhaltensanweisungen, etwa wie vorzugehen sei, um Polizeiketten zu durchbrechen. Sie wurden jedoch aufgefordert, von Gewaltanwendung abzusehen.

Tatsächlich kam es bei der Demonstration in Hamburg zu gewaltätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen sieben Polizisten und vierzehn Demonstranten verletzt wurden. Ferner wurden ein privater PKW und ein Polizeifahrzeug angezündet und sieben Schaufenster eingeschlagen. Die Täter waren ganz überwiegend keine Mitglieder oder Sympathisanten von F.

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Hat A sich nach dem StGB strafbar gemacht?

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