Qualitätsarbeit der Justiz II

Im Anschluss an den Beitrag vom 17. März 2009 zur Qualität richterlicher Entscheidungen ein Nachtrag: Als Beispiel 8 hatte ich einen Bericht des Magazins frontal21 des ZDF vom 24.02.2009 angeführt, nach dem Staatsanwalt und Haftrichter Fluchtgefahr angenommen hatten, weil das Haus des Beschuldigten in der Zwangsversteigerung sei, was tatsächlich nicht zutraf. Da es sich hierbei um einen Umstand handelt, der schnell und eindeutig zu klären ist, muss wohl von einem echten Justizfehler ausgegangen werden. Der Fall stützt leider die Befürchtung, dass der Richtervorbehalt, der gravierende Eingriffe in die Grundrechte überwachen soll, nicht so sorgfältig gehandhabt wird, wie man es erwarten darf. Diese Befürchtung ist vor einigen Jahren durch eine Untersuchung von Otto Backes und Christoph Gusy begründet worden:
Wer kontrolliert die Telefonüberwachung?
Eine empirische Untersuchung zum Richtervorbehalt bei der Telefonüberwachung
Peter Lang Frankfurt, 2003
Hier die Zusammenfassung:

»Polizei und Staatsanwaltschaft dürfen im Ermittlungsverfahren Methoden zur Gewinnung von Informationen über Tat und Täter einsetzen, die massiv in Rechte der Beschuldigten oder der mit ihnen in Verbindung gebrachten Personen eingreifen. Um diese frühzeitigen Eingriffe rechtsstaatlich abzusichern, ist ihre Anordnung grundsätzlich einem Richter vorbehalten. Die auf Aktenanalysen und Interviews beruhende empirische Studie geht der Frage nach, wie der gesetzlich vorgeschriebene Richtervorbehalt bei der Telefonüberwachung in der Praxis gehandhabt wird. Sie führt zu dem Befund, dass die Richter fast immer dem Überwachungsantrag stattgeben und der Richtervorbehalt eher selten auf einer, wie vom Verfassungsgericht gefordert, eigenständigen Entscheidung der Richter beruht.«

Eine Kurzfassung des Abschlussberichts steht im Internet zur Verfügung.

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